Beim Einsatz gemischter Lacksysteme mit zwei Komponenten (2K) gelangt beim Spülen und bei den Farbwechseln bislang viel VOC (Volatile Organic Compound) in die Lackierkabine. Weit verbreitet in der industriellen Lackierung sind noch Spülprozesse, bei denen der Restlack nach vorne über den Zerstäuber in einen Trichter oder direkt in die Auswaschung fließt. Bei dieser Vorgehensweise wird die Kabinenluft zu über 70 Prozent mit den flüchtigen organischen Verbindungen belastet. Umweltschonender ist das mit speziellen Filtermatten ausgestattete Auffangsystem EcoBell PurgeBox, durch das bis zu 60 Prozent weniger VOC emittiert wird.
Die Neuentwicklung von Dürr reduziert die VOC-Belastung nochmals stark, indem sie erstmalig für 2K-Klarlacke eine Rückführung ermöglicht, wie sie beim klassischen 1K-Prozess üblich ist. Das war bisher für die aus Härter und Stammlack, z.B. Klarlack, bestehenden gemischten Systeme undenkbar. Mittels einer patentierten Prozessabfolge mit exakt abgestimmten Parametern können gemischte 2K-Materialien über eine im Zerstäuber integrierte Rückführung nach hinten in eine Sammelleitung geführt werden, ohne dass sie aushärten. Technisch möglich machen das u. a. bis zu zwei Hauptnadeln im Zerstäuber und die etablierte Membranventiltechnik, die höchste Mischqualität mit geringstem Mischvolumen liefert. Eine minimale 5-prozentige VOC-Emission entsteht lediglich bei der Reinigung des Glockentellers im EcoBell Cleaner D2. Beim Spülprozess und beim Farbwechsel wird kein VOC mehr freigesetzt.
Effektlackierungen innerhalb normaler Taktzeiten
Die Rückführung für gemischte 2K-Materialien ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch in anderer Hinsicht vorteilhaft: Sie spart Zeit. Während der Glockenteller und die Oberfläche des Zerstäubers im EcoBell Cleaner D2 gereinigt werden, kann der Glockenteller parallel dazu gespült und angedrückt werden. Diese Arbeitsschritte, die bisher nacheinander abliefen, erfolgen jetzt parallel innerhalb von maximal 15 Sekunden. Je nach Anforderung und System halbiert das die Zeit des Farbwechsels, wodurch die Gesamtkapazität einer Anlage steigt, beziehungsweise mehr Zeit für den Lackiervorgang möglich ist, was zu einer bessere Lackierqualität führt. Auch eingefärbte Klarlacke, sogenannte tinted clearcoats, lassen sich nun ohne Taktzeitverluste applizieren. Das ermöglicht es den Automobilherstellern, zukünftig Effektlackierungen, die bisher auf exklusive Bereiche beschränkt waren, viel breiter einzusetzen.
Applikationsaufbauten in Kombination mit einer EcoBell4 Pro bieten die maximale Flexibilität. In jedem Roboterarm sind somit zwei Rückführungen für 2K-Material (2x2K) integriert. Dadurch können, während eine Karosserie lackiert wird, parallel auf dem zweiten Kanal die Farbe und der Härter für die nächste Karosserie vorbereitet werden. Selbst wenn Hersteller mehrere Stammlacke und Härter einsetzen, die untereinander chemisch nicht verträglich sind, können diese über die getrennten Kanäle appliziert werden. Um sicherzustellen, dass später beim Kunden alles reibungslos funktioniert, prüft Dürr vorab im eigenen Testcenter, ob die Klarlacksysteme der Kunden mit der neuen Technologie kompatibel sind. Bisher konnten alle 2K-Klarlacke über die Zerstäuber zurückgeführt und gesammelt werden.
Rückführung senkt Kosten für Einbauten
Der Rotationszerstäuber EcoBell4 Pro ist in den Varianten 2x2K und 1x2K in der Rückführung verfügbar. Die EcoBell3 ist nachrüstbar mit 1x2K. Derzeit wird eine weitere Anlage mit der Neuentwicklung in Betrieb genommen. Dabei überzeugen neben den Vorteilen, dass sich der VOC-Eintrag beim Spülen und Farbwechsel vollständig eliminiert und der Lösemittelverbrauch erheblich reduziert, auch die geringen Investitionskosten. Denn durch die Rückführung kann auf Trichter bzw. EcoBell PurgeBoxen sowie weitere Einbauten in der Lackierkabine verzichtet werden.
Seit einem Jahr stellt die Rückführung für gemischtes 2K-Material ihre Funktionalität bei einem führenden Hersteller von Elektroautos an zwei Decklacklinien mit 42 Hochrotationszerstäubern unter Beweis.