Im geschlossenen Kreislauf Batterieelektroden nachhaltig produzieren
29.03.2023
Lösemittelrückgewinnung Sorpt.X LC
Ob E-Auto, E-Bike oder E-Bus: Die Energie von elektrischen Fahrzeugen steckt in Lithium-Ionen-Batterien. Je mehr die Elektromobilität boomt, desto mehr Zellen werden gebraucht. Das führt weltweit zum Bau neuer Batteriefabriken. Deren Produktionsprozesse tragen entscheidend dazu bei, wie gut der ökologische Fußabdruck der E-Fahrzeuge ausfällt. Um Batterieelektroden so nachhaltig wie möglich herzustellen, entwickelte Dürr die neuartige Technologie Sorpt.X LC zur Rückgewinnung von Lösemitteln. In Kombination mit einer Destillationsanlage kann eine mittelgroße Beschichtungslinie so bis zu 3.000 Tonnen CO2 jährlich einsparen. Zudem wird das teure Lösemittel NMP zu mehr als 95 Prozent in Electronic-Grade-Qualität zurückgewonnen und kann in den Beschichtungsprozess zurückgeführt werden.
Nicht nur auf Halbleiter muss die Industrie derzeit lange warten, sondern auch auf Lithium-Ionen-Zellen. Zukünftig wird der weltweite Bedarf an Batterien weiter steigen: Bis zum Jahr 2030 soll sich die Menge nahezu versiebenfachen auf rund 2.200 Gigawattstunden (GWh) jährlich, prognostiziert eine aktuelle Studie. Der größte Treiber ist die Automobilindustrie. Batterien sind eine der Schlüsseltechnologien für die E-Mobilität. Als größtes Bauteil eines E-Autos spielen sie auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Allein in Europa werden die Fertigungskapazitäten durch neue Werke von derzeit 60 GWh bis zum Jahr 2036 voraussichtlich auf 450 GWh ansteigen. In der energie- und ressourcenintensiven Batteriefertigung steckt demnach viel Potenzial, um Nachhaltigkeitsthemen zu optimieren.
Um Batterien verantwortungsvoll herzustellen, muss in jedem Produktionsschritt die Emission von Treibhausgasen und umweltschädlichen Substanzen vermindert oder sogar verhindert werden. Für die Elektrodenfertigung haben wir mit Sorpt.X LC eine neuartige Technologie entwickelt, die in einem geschlossenen Kreislaufsystem die Wiederverwendung von Lösungsmittel ermöglicht und damit höchste Emissionsstandards erfüllt.
Houver Chabo, Produktmanager, Dürr Systems AG, Clean Technology Systems
Elektroden sind ein unentbehrlicher Bestandteil jeder Lithium-Ionen-Zelle. Jede Batteriezelle besteht aus zwei Elektroden, sehr dünnen Aluminium- oder Kupferfolien, die als Parkplätze, für die beim Laden und Entladen hin- und herwandernden Lithium-Ionen dienen. Dafür müssen die Folien mit einer 50 bis 150 Mikrometer dünnen Schicht versehen werden – auf der Anode mit Graphit, auf der Kathode mit einem Slurry aus Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium in einem exakt definierten Mengenverhältnis. Dabei muss sehr präzise vorgegangen werden, denn eine geringe Beschichtungsqualität beeinträchtigt die Funktion der Batterien, sodass diese ausfallen könnten. Das gängige Verfahren nutzt zum Lösen der Aktivmaterialien der Elektrodenbeschichtung das Lösemittel N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP). Das Lösemittel NMP ist als Gefahrstoff deklariert und muss deshalb mit großer Vorsicht eingesetzt werden, doch aufgrund seiner exzellenten Eigenschaften als Lösemittel ist es in der Serienfertigung bisher unersetzlich. Hinzu kommt: Mit rund 3.100 Euro je Tonne ist NMP ein teures Betriebsmittel. Diese Gründe haben Dürr animiert eine clevere Lösung mit einem geschlossenen Kreislauf zu entwickeln. Die Dürr Lösemittelrückgewinnung Sorpt.X LC reinigt die Abluft der Elektrodenbeschichtungsanlagen von Lösemitteln, gewinnt die darin enthaltene Wärme sowie mehr als 99 Prozent des NMP zurück. In Kombination mit einer Dürr Destillation können über 95 Prozent des NMP-Lösemittels in Electronic-Grade-Qualität zurückgewonnen werden.
Werden Beschichtungslinien – wie oftmals üblich – ohne NMP-Rückgewinnung betrieben, muss die Abluft thermisch behandelt werden. Das setzt viel umweltschädliches CO2 frei und verursacht zusätzliche Kosten, da das Lösemittel regelmäßig neu beschafft werden muss. Eine durchschnittlich große Beschichtungs- und Trocknungsanlage verdampft pro Stunde zwischen 300 und 1.000 Kilogramm NMP, um die Elektrode nach dem Auftragen des Slurrys zu trocken.
Die patentierte Dürr-Lösung gewinnt durch ihren hohen Wirkungsgrad über 99 Prozent des NMP zurück; davon können mehr als 95 Prozent nach der Destillation im Beschichtungsprozess wiederverwendet werden. Gleichzeitig erreichen wir mit der neuen Lösemittelrückgewinnungsanlage ausgezeichnete Emissionswerte, die strengste lokale und globale Vorgaben erfüllen.
Houver Chabo, Produktmanager, Dürr Systems AG, Clean Technology Systems
Sorpt.X LC spart in vielerlei Hinsicht Ressourcen, beispielsweise Luft und Wasser. Durch die Kreislauffahrweise benötigt eine mittlere Kathodenbeschichtungslinie mit einer Luftmenge von 60.000 Nm3/h nur noch ca. 1.900 Nm3/h Frischluft. Das hat gleich zwei positive Effekte: Zum einen muss die nachgeschaltete Adsorptionsanlage Sorpt.X CD nur diese geringe Menge reinigen. Wie leistungsfähig das gelingt, zeigt der Vergleich der Lösemittelkonzentration. Während sie im Trockner typischerweise bei ca. 5-15 g/m3 Luft liegt, sind es in der an die Umgebung abgegebene Luft nur noch 1 mg/m3. Der zweite Vorteil der niedrigen Frischluftzufuhr ist, dass nur ein Minimum an Feuchtigkeit ins System kommt. Da NMP hyrdophil – also feuchtigkeitsbindend – ist, muss dieses durch die Destillation abgetrennt werden, bevor es wiederverwendet wird. Folglich steigt die Qualität des aufbereiteten NMP. Außerdem minimiert die Kombination der Sorpt.X LC mit der Abluftreinigungsanlage Sorpt.X CD den Energieaufwand und die Menge an flüssigen Abfällen erheblich.
Perfekt austariert ist auch das Wärmemanagement der Sorpt.X LC-Anlagen. Ihre im Kreislauf eingebaute Wärmeverschiebung gewinnt mehr als 80 Prozent der Wärme zurück. Das gelingt durch innovative Heizregister, welche zur Kühlung der Abluft und zur Kondensation des NMPs führen. Zum Kühlen des Trocknerabluftstroms kann sie unterschiedliche Temperaturniveaus nutzen. Dadurch brauchen Sorpt.X LC-Anlagen keine speziell auf sie zugeschnittenen Kühlkreisläufe, sondern sie lassen sich einfach in bereits mit Wärme beladene Kühlsysteme anderer Verbraucher integrieren.
Selbst bei der Anodenbeschichtung, wo üblicherweise Wasser als Lösemittel verwendet wird, werden häufig Dürr Sorpt.X LC Kondenser eingesetzt, um Energie aus der Abluft zurückzugewinnen und bei niedrigem Energieeinsatz konstante Prozessbedingungen sicher zu stellen. Dadurch werden gegenüber einer Lösung mit einem Luft-Luft-Wärmetauscher Schwankungen in der Feuchte der Prozesszuluft (Sommer-Winter, Tag-Nacht), die den Trocknungsprozess essenziell beeinflussen, eliminiert. Die Trocknungsqualität der Elektroden wird dadurch entscheidend verbessert.
Durch die neuartige Technologie spart bereits eine einzelne Sorpt.X LC-Linie bei 6.000 Betriebsstunden im Jahr etwa 3.000 Tonnen CO2 ein. Berücksichtigt man sämtliche Betriebsaufwendungen für Rückgewinnung und Destillation so ist es ökologisch wie ökonomisch eine sehr lohnende Investition.
Andreas Keil, Director Business Development, Dürr Systems AG, Clean Technology Systems